Absolut nichts ist unmöglich. Liverpool gibt nicht auf. Nicht in Istanbul und schon gar nicht in Anfield. Der vergangene Dienstag hat gezeigt, dass ein uneinholbar scheinender Rückstand mit knallhartem Willen überwunden werden kann. Die Form in Europa muss jetzt ein allerletztes Mal in die Premier League übertragen werden.
Wer im Camp Nou im Champions League Halbfinal Hinspiel mit 0:3 verliert, hat vielleicht das Ziel, sich im Rückspiel würdig zu verabschieden. Die Mehrheit der Liverpool-Fans hatte sich vor der Partie schon damit abgefunden, dass es nichts aus dem zweiten Champions League Finale nacheinander wird. Dann kam Anfield und die wohl legendärste European Night, die dieser berühmte Verein jemals gesehen hat. Manchmal brauchen die Fans der Reds eine Erinnerung, dass im Fußball absolut nichts unmöglich ist. Vor allem in Anfield. Wieder einmal treibt die europäische Euphorie die Reds wie eine Dampfwalze an.
Leider hat es Liverpool aber nicht in der eigenen Hand. Brighton & Hove Albion muss gegen Manchester City Jürgen Klopps Truppe einen gefallen tun, um Meister zu werden. Diese Ausgangslage ist nicht optimal, aber die Realität. Ob die Brighton-Spieler das Spiel gegen Barcelona gesehen haben und sich denken, dass auch sie zu so etwas in der Lage sind? Wer möchte nicht zu Manchester Cities Party-Crasher werden und auf Lebzeiten in Liverpool Freibier bekommen? Keine schlechten Aussichten.
Was im Parallelspiel in Brighton auch immer geschehen sollte, müssen die Spieler in Anfield vorerst ausblenden und sich auf ihren eigenen Gegner konzentrieren: die Wolverhampton Wanderers: Der Aufsteiger spielte eine fantastische Saison und wird diese auf dem siebten Platz beenden. Damit nehmen sie unter Umständen in der nächsten Saison an der Europa League teil. Die Wolves sind ein ernstzunehmender Härtetest am letzten Spieltag und könnten den Reds vor gewaltige Probleme stellen. Das Team von Trainer Nuno Espirito Santo hat aus den elf Spielen gegen die Top-6 Teams in dieser Saison beachtliche elf Punkte geholt.
Die Gäste kommen ohne Verletzungsprobleme an die Anfield Road, weswegen sie aus einem vollen Kader bestehend unter anderem aus Raul Jimenez, Joao Moutinho, Diogo Jota und Ruben Neves schöpfen können. In der Defensive spielen sie mit einer Dreierkette, in der Ex-Liverpooler Conor Coady die Fäden zieht und seinem ehemaligen Verein sicherlich keinen Gefallen erledigen wird.
Jürgen Klopp wies in der Pressekonferenz am Freitag darauf hin, dass am Sonntag den Spielern eine neue, andere Aufgabe bevorsteht als am Dienstag. „Wir denken nur an die Wolves“, sagte Klopp. „Du bekommst Millionen von Nachrichten und keiner spricht über das Wochenende. Es ist alles ‚unglaublich‘ und ‚alles Gute im Finale‘, aber wir spielen jetzt gegen die Wolves.“
So ganz schafft es auch der charismatische Deutsche nicht, dass große Comeback gegen Barcelona aus dem Kopf zu bekommen: „Es war eine Woche voller Wunder, voller großer Fußballmomente und von unserem Standpunkt aus könnte noch ein weiterer großer Fußballmoment am Wochenende hinzukommen, das wäre sehr schön.“
Der Trainer der Reds kann wieder auf die Dienste von Mohamed Salah zurückgreifen, der aufgrund einer Kopfverletzung beim Comeback gegen Barcelona nicht mitwirken konnte. Am letzten Spieltag kann sich der Ägypter im zweiten Jahr in Folge als bester Torschütze der Saison auszeichnen. Manchester City’s Sergio Aguero, Arsenal’s Pierre Emerick Aubameyang und sein Teamkollege Sadio Mané hängen ihn mit zwei Treffern weniger dicht auf den Fersen. Auch Andy Robertson und Jordan Henderson, die sich am Dienstagabend kleinere Verletzungen zuzogen, melden sich spielbereit. Einzig Roberto Firmino fehlt weiterhin und verpasst den wichtigen Showdown im Meisterschaftskampf. Die Startaufstellung der Reds könnte im letzten Ligaspiel in etwas so aussehen:
Alisson; Alexander-Arnold, Matip, van Dijk, Robertson; Fabinho, Wijnaldum, Henderson; Salah, Mané, Origi
Egal was am Sonntag passiert, diese Saison war und ist immer noch fantastisch. Sie könnte legendär werden und die Leute sich noch in Jahrzehnten daran erinnern. Zuerst müssen aber die Reds auf dem Platz ihren Teil dazu beitragen und gegen Wolverhampton die drei Punkte holen. Der Rest besteht aus nervösem Warten für Nachrichten aus Brighton. Mit etwas Glück, krönt sich Liverpool am Ende der Woche der Fußballwunder mit dem ersten Meistertitel seit 29 Jahren.
Der Streamingdienst DAZN übertragt das Spiel in Deutschland, Österreich und der Schweiz nur als Teil einer Konferenzschaltung mit den restlichen neun Premier League Spielen. Einzeln wird die Partie nicht live gesendet. Anstoß ist um 16 Uhr (MESZ).